Ist kochen Frauensache?

Naja, in Großlöbichau kocht es seit einiger Zeit ziemlich. Rund um den Bau einer vorübergehenden Containersiedlung für Bauarbeiter ist ein Streit entbrannt, der teilweise fremdenfeindliche Züge angenommen hat. In Folge der hitzigen Debatten seit dem ist bereits ein Mitglied des Gemeinderates zurück getreten und hat sich aus seinem ehrenamtlichen Engagement im Ort zurück gezogen. Gleichzeitig wird ein Amtsenthebungsverfahren gegen die Bürgermeisterin voran getrieben.

Wir haben mit traumwandlerischer Sicherheit den mehr oder weniger perfekten Zeitpunkt und Ort für unsere Veranstaltung erwischt.

Entsprechend Respekt hatten wir auch vor dem Termin am 05. Februar 2024. Im Vorfeld gab es Kommentare, als ob wir ein „Schulungscamp“ durchführen wöllten und jemand fühlte sich gar „an Maos „Roten Garden“ in China“ erinnert.

Am Abend füllte sich das Dorfgemeinschaftshaus schon eine knappe halbe Stunde vor Beginn. Mit rund 40 Menschen kamen wir ins Gespräch. Uns war wichtig, dass wir nicht „die von außen“ sind, die kommen, um das Dorf zu belehren.

Bei unserer Vorstellung betonten wir, dass wir von niemandem geschickt worden sind, das alles rein ehrenamtlich machen (und sogar selbst finanzieren) und uns erst recht nicht anmaßen würden, über den Ort und die Probleme zu richten.

Im letzten Jahr waren wir durch Zufall auf Arbeitsmaterialien von „Gesicht Zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland e.V.“ gestoßen, mit denen man mit Menschen zu verschiedenen Themen ins Gespräch kommen kann. (Wie wollen wir leben? | Das Ja!-Nein!-Spiel) David nutzt die Karten beruflich regelmäßig und hat deswegen den Teil der Veranstaltung übernommen.

Die erste Frage „Ist Kochen Frauensache“ sorgte für einen eher lustigen Einstieg. Auch die Frage, ob es die große Liebe gibt. Die dritte Frage „Bist du stolz auf Deutschland“ ging da schon mehr an die Substanz. Aber die Leute haben geredet, sich zugehört und auch andere Standpunkte ausgehalten. Diese Fragen-Karte führte unweigerlich zum schwelenden Konflikt im Ort und wir mussten uns dem stellen. Wir konnten natürlich nur moderieren und weniger unsere Ideen einbringen. Aber genau das war ja auch von Anfang an so artikuliert.

Ich möchte hier nicht den Diskussionsverlauf widergeben. Einfach schön waren für mich aber am Ende folgende Situationen und Eindrücke:

  • Ich kam mit jemanden in ein sehr wertschätzendes Gespräch, der offensichtlich der AfD sehr zugetan ist. Er ließ sich auf unser Angebot an dem Abend ein und konnte auch im Austausch nach der Veranstaltung meine Ansichten nachvollziehen und akzeptieren.
  • Es gab Interesse an unserer Arbeit im Aktionskreis und den Wunsch, engeren Kontakt herzustellen.
  • Die beiden stärksten „Gegenpole“ im Rahmen der Veranstaltung saßen danach zusammen und haben miteinander geredet.
  • Es wurde in der Veranstaltung eine Idee aufgegriffen, die zu einem gemeinsamen „Fest“ mit den Bauarbeitern führen könnte.
  • Ich habe gemerkt, dass David und ich ein ziemlich gutes Team sind. Ich bin dankbar, ihn über die Arbeit mit und im Aktionskreis kennengelernt zu haben.
  • Bei aller anfänglichen Skepsis uns gegenüber, haben sich einige Leute bei uns bedankt, dass wir den Abend organisiert haben.

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